Reisen und treiben lassen

Palenque, Flores, Tikal, Antigua (14.05.-20.05.2002)

Die Vorfreude auf bestimmte Ereignisse ist doch eine treibende Kraft im Leben eines Menschen. Fuer Reisende ist Ausdruck dieser Vorfreude der Kauf von Reiseliteratur und die Ausarbeitung von Reiseplaenen.

An der Riviera Maya haben wir ja in Wirklichkeit nicht nichts gemacht, sondern uns intensiv mit diesem Thema beschaeftigt. Die Entscheidung fiel bei aufgehendem Mond am Meer: Morgen fahren wir nach Palenque. Massgeblich war Kathrins Wunsch weiterzuziehen und meine Abneigung gegen Guatemala.

Reisefuehrer sagt: Es fahren drei Busse. Reisender (Europaer) denkt: Die verteilen sich gleichmaessig ueber den ganzen Tag. Fahrplan schreibt am Morgen um 9.00 Uhr: Die Busse fahren alle abends. Wir mussten also nur 12.5 Stunden warten... Aber: Einen besseren Kompromiss haette es fuer Kathrin und Martin Dickkoepfe gar nicht geben koennen. Martin durfte noch einen ganzen Tag an den Strand und Kathrin hatte die Weiterfahrt-Tickets in der Tasche.

Einschub: Warum ist Nachtbuss-Fahren bloed?
Ganz einfach: Setzt Euch als durchschnittlich gewachsener Mitteleuropaer abends um 9.00 Uhr in einer heissen Augustnacht im T-Shirt und Alibi-Pullover in einen durchschnittlich grossen Familienkuehlschrank (Markenfabrikat!), stellt diesen auf Kuehlstufe 3 Sterne und bittet Freunde, diesen Kuehlschrank 10 Stunden ueber Kopfsteinpflasterstrassen und Feldwege durch die Gegend zu fahren. Steigt dann bei aufgehender Sonne ausgeschlafen und entspannt auf dem zentralen Platz einer voellig unbekannten Stadt aus. Unter uns Schwaben: Die Uebernachtung habt ihr euch natuerlich gespart!
Einschub Ende

Morgens um 5.00 Uhr in Palenque: Nach einer intensiven Diskussion mit unserem Reisefuehrer ueber die Lage des Hotels, duerfen wir noch ein paar Stunden schlafen. Gegen Mittag auf zur Kultur. Die Maya-Ruinen von Palenque mitten im Dschungel (Anm. erfahrener Traveller: ist hoechstens Tertiaerwald und sicher am Rande des Waldes) bieten die erwartete Steigerung zum vorher gesehenen. Die Bauwerke tauchen eindrucksvoll aus dem Wald auf und es macht Spass, sie genau dann zu besteigen, wenn die mexikanischen Schulklassen gerade weg sind. Es ist heiss, es ist feucht, es ist anstrengend, es ist schoen. Den ganzen Abend regnet es und wir sind gar nicht ungluecklich... Palenque ist eine geschaeftige und freundliche Stadt. Es macht Spass, durch die Strassen zu schlendern und zu beobachten.

Am Tag darauf unternehmen wir einen Touristenausflug zu den Wasserfaellen der Umgebung. Dank unseres Fuehrers wird diese Tour unerwartet zu einen richtigen Naturerlebnis. Auch organisiert reisen kann schoen sein.

Damit sind wir wieder beim Thema. Eigentlich steht jetzt die Entscheidung fuer oder gegen Guatemala (vertreten durch die Maya-Ruinen von Tikal) an. Wir vertagen nochmals und nehmen den Bus bis zur Grenze. Dort wollen wir in Frontera Corozal uebernachten und die Ruinen von Yaxchilan besichtigen. Morgens um 7.30 Uhr steigen wir in den 6.30 Uhr Bus!? Die Busgesellschaft ignoriert die Sommerzeit...ich stelle mir dies im Verkehrsverbund Stuttgart vor. Nach drei Stunden Fahrt stoppt uns die Taxifahrergewerkschaft, droht unserem Busfahrer Pruegel an und uebernimmt freundlicherweise unseren Weitertransport auf den letzten 20 km. Das Uebernachtungsangebot in Frontera Corozal passt sich der Stimmung an - zwei superguenstige Bretterverschlaege und eigentlich interessieren uns die Ruinen gar nicht mehr so sehr.

Jetzt schlaegt der ausgetueftelte Plan zu: Zwei unschluessig wirkende Touristen werden direkt vor der Grenzstation auf zwei freie Plaetze im Boot nach Guatemala angesprochen, der Grenzbeamte hat Ausweisstempel zum Schnaepchen-Preis, unsere Rucksaecke werden mit uns im klimatisierten Minibus 200 m bis zur Bootsanlegestelle gefahren - Kathrin und Martin sitzen in der Lancha nach Guatemala. Im Fussball nennt man dies wohl eine Tatsachenentscheidung.

Eine Lancha ist uebrigens eine Art von Einbaum mit Motor und Palmenblaetterdach fuer 12 Touristen oder 20 Mayas oder einen Sattelschlepper Maissaecke. Der internationale Hafen von Bethel in Guatemala besteht aus einer Schlammboeschung, 10 Lanchas und Frauen beim Waeschewassen. Bethel selbst ist groesstenteils eine Schule mit Fussballplatz und alles ist so richtig freundlich zu uns - bienvenidos in Guatemala.

Weiter gehts mit dem Touristenbus nach Flores. Kathrins Arabienreise macht sich fuer uns im Preis bezahlt... Flores ist eine Art von Touristeninsel im Lago Peten Itza, dem zweitgroessten See Guatemalas. Der Ort dient als Uebernachtungsplatz und Bushaltestelle fuer Besuche nach Tikal, ist aber trotzdem richtig nett.

Um 5.00 Uhr morgens (!) holt uns der Bus ab. Hat irgendjemand was von Urlaub gesagt? Tikal schlaegt Palenque um Laengen. Wahrscheinlich auch Gizeh, wenn so ein Vergleich uberhaupt zulaessig ist. Eine Pyramidenlandschaft mitten im Dschungel (diesmal immerhin Sekundaerwald), Affen auf den Baeumen und Aussichtspunkte auf den Pyramiden, die den Charakter von Blicken aus dem Flugzeug bieten. Super heiss, super schwuel, super spannend. Plant diesen Ort bei EURER Reiseplanung bitte gleich von Anfang an ein...

In Flores erleben wir am hoteleigenen Strand noch einen Rekord-Hitze-Sommertag. Ueber 40 Grad, kein Wind und die bekannte tropische Schwuele. Da schaltet selbst das Gehirn auf standby und wartet auf das Gewitter am Abend. Die Aufgabe dieses Tages war dementsprechend gar nicht schwer: Warten auf den Nachtbus nach Antigua - weiter rein nach Guatemala. Zum Thema Nachtbus bitte die obigen Ausfuehrungen beachten.

Um 6.00 Uhr morgens gabs noch einen Unterhaltungspunkt extra - umsteigen in Guatemala City. Guatemala City im Morgengrauen ist ungefaehr so anziehend wie der Plochinger Bahnhof morgens um halb 3 und wirkt tausend mal brenzliger. Wir waren doch froh ueber unseren vorher organisierten Weitertransport nach Antigua. Da sind wir jetzt schon ein paar Tage...