Regenzeit

Mexiko und Guatemala (Mitte Mai - Anfang Juni 2002)

"Wenn die Sonne in Mexiko einen Tag mal nicht scheinen sollte, seien Sie froh und goennen Sie ihrer Haut eine Pause", so zuversichtlich beschreibt unser Reisefuehrer Regen in Mexiko. Die alten Mayas sahen Regen aehnlich positiv. Sie warfen Meschen in Wasserloecher, um ihrem Regengott Chaco das notwendige Regenwasser abzutrotzen. Der moderne Nordeuropaer ist anderer Meinung. Er geht schliesslich in Urlaub, um der heimischen Dauerregenzeit zu entkommen.

Es begann ziemlich harmlos Mitte Mai in Antigua. Die Vulkane huellten sich vornehm fuer einige Stunden am Tage in Wolken und liessen uns ansonsten froehlich Urlaub machen. Eine Woche spaeter beim abendlichen Stop-over in Quetzaltenango hatten wir dann Zeit, die kahle Kathedrale intensiv zu studieren. Die Stadt bleibt uns als trostlos, grau, feucht und kalt in Erinnerung - selber Schuld.

Einige Tage spaeter dann in San Cristobal der erste richtig nasse Moment. Wir wollten nur umsteigen, die Busse standen wartend vor uns. Leider war der Geldbeutel leer und die nachste Bank 800 m entfernt in der Stadtmitte. Das Ein- und Aussteigen aus dem Taxi war wie Wasserfallduschen nach der Sauna und fuer den Rueckweg zum Busbahnhof waere ein Boot besser geeignet gewesen. Den Hagelschauer im Hochland haben wir dann aus dem Busfenster beobachtet. Die Einheimischen verbringen diese Zeit ziemlich unbeeindruckt unter einer ihrer farbigen Stoffdecken. Von wegen Gore-Tex...

Mittlerweile war Anfang Juni und die Regenzeit im Hochland nicht mehr zu ignorieren. Also nichts wie weg ans sonnige Meer. Von San Cristobal ueber einen Zwischenstop am Canon del Sumidero (tolle Bootsfahrt bei Nieselregen) nach Tuxtla, der Hauptstadt des Bundesstaates Chiapas. Das Umsteigen schien trotz stroemendem Regen einfach. Die naechste Haltestelle war nur 2 Blocks entfernt. Darin waren sich alle von uns befragten Einwohner dieser Stadt einig. Wir haben viele gefragt und in der Summe waren es dann mindestens 10 Blocks und wir samt Gepaeck patschnass.

Der folgende Bus tat sein bestes. Immer in Richtung blauer Streif am Horizont und dann kurz vorher nach links abbiegen Richtung Regenwolke. Am Pazifik in Puerto Arista regnete es genauso wie im Landesinneren und bis der blaue, jetzt hellgraue, Streifen tatsaechlich ueber uns war, sollten noch weitere 3 Stunden vergehen. Zwischendrin waren noch die gesuchten Cabanas zur Uebernachtung geschlossen, im Ort war ausser uns kein Mensch mehr zum Badeurlaub (warum auch??!) und zumindest Martin sehnte sich nach seinem trockenen Bett in Wendlingen mit Bettdecke zum ueber den Kopf ziehen. Die Stimmung war auf dem Nullpunkt (gemessen in Kelvin). Der Leser moege sich an das Zitat zu Beginn erinnern und einen anderen Reisefuehrer waehlen. Abends wurde es dann ploetzlich trocken, der einzige Taco-Stand zog ein paar Menschen an und wir waren um halb neun im Bett.

Am naechsten Morgen wurde es erst gar nicht hell. Es schuettete. Wir kauften die vorletzten Tickets fuer den Nachtbus nach Oaxaca - 500 km Fluchtweg. Nach 2 Stunden Fruehstueck und Rueckweg in unsere Strandsiedlung war es unerwartet wieder trocken.

Als einzige Gaeste im Strandlokal gab es keine Konkurrenz fuer den Mittagschlaf in der Haengematte. Bei geschlossenen Augen kam durch das Meeresrauschen beinahe Urlaubsstimmung auf. Bei geoffneten Augen hatte mittlerweile eine mexikanische Grossfamilie den 30 km Sandstrand bevoelkert, Kathrin machte Strandhundportraits und die Sonne kaempfte einen ehrenhaften Kampf gegen die Wolken. Erfolgreich. Am spaeten Nachmittag regnete es im Westen und im Osten. Nur in Puerto Arista schien die Sonne ueber uns. Und zwar so, dass die Landratte unter uns beiden schon wieder im Bann des Meeres gefangen war. Unvorstellbar - der Abschied fiel schwer. Am naechsten Morgen in Oaxaca schien die Sonne...um am Nachmittag einem gewaltigen Regenschauer Platz zu machen.

Diese Art mit der Regenzeit umzugehen hat einige Nerven gekostet. Mittlerweile wissen wir, DASS es hier regnet und sogar wann es soweit ist (um 12, um 17 Uhr und in der Nacht). Regen macht zwar immer noch keinen Spass, wir sind ja wasserdicht.